Gastbeitrag von Julia Otto
Am Ostermontag wurde in der gut gefüllten Brüderkirche Meimers ein ganz besonderes Jubiläum gefeiert: Genau vor 70 Jahren, ebenfalls an einem Ostermontag, wurde das Gotteshaus feierlich eingeweiht.
Dieser historische Moment wurde im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes gewürdigt – mit viel Musik, einer Predigt, persönlichen Erinnerungen und einem eindringlichen Appell an die Gemeinde.
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von den vereinten Kirchenchören des Altensteiner Oberlandes unter der Leitung von Kirchenmusikerin Klaudia Camilla Twardzik-Poloczek.
Der Gesang des traditionellen „Steinbacher Osterlieds“ sowie der Psalm 118 in der Fassung von Cornelius Becker mit Musik von Heinrich Schütz verliehen der Feier eine würdige und festliche Atmosphäre.
Pfarrer Peter Nietzer führte die Gemeinde in seiner Predigt auf den biblischen Weg nach Emmaus (Lk 24,13–35), wo zwei Jünger dem auferstandenen Christus begegnen. „Alles wird neu“ – diese zentrale Botschaft zog sich als Hoffnungsbild durch seine Ansprache und wurde zugleich als Einladung verstanden, auch die Zukunft der Brüderkirche aktiv mitzugestalten.
Ein besonderer Moment war der Vortrag von Pauline Asmuß: Mit etwas Lampenfieber, doch voller Stolz trug die Urenkelin, das Kirchweihgedicht ihres Ururgroßvaters Heinrich Schmidt vor.
Die Verse, einst zur ersten Einweihung der Kirche verfasst, klangen nach Jahrzehnten wieder durch den Kirchenraum – ein eindrucksvolles Zeichen der Verbundenheit über Generationen hinweg und ein bewegender Augenblick, der mit großem Applaus bedacht wurde.
Auch das Abendmahl wurde auf besondere Weise gefeiert: Aufgrund des großen Andrangs reichten die Gemeindekirchenräte keinen Kelch, sondern Körbe mit Brot und Weintrauben, aus denen sich die Besucherinnen und Besucher selbst bedienen konnten.
Zeitzeugin Inge Schmidt, die 1955 als sechsjähriges Mädchen bei der Einweihung der Brüderkirche dabei war, erinnerte sich ergriffen an die damalige Atmosphäre: „Es war so eine besondere Stimmung im Dorf – die ging mir durch und durch.“
Der Mut der kleinen Kirchgemeinde, inmitten der Stalinzeit ein Gotteshaus zu errichten, sei fast ein Akt der Rebellion gewesen. „Die Einweihung war wie eine Hochzeit“, so Inge Schmidt. Ein paar der damals am Bau beteiligten Personen waren beim Festgottesdienst anwesend – ein Zeichen gelebter Geschichte.
„Deshalb feiern wir dieses junge Jubiläum mit so viel Dankbarkeit“, betonte Inge Schmidt. „Weil wir wissen, wie besonders es ist.“
Nachdenklich stimmte der Appell von Jürgen Schmidt, Mitglied des Gemeindekirchenrats. In seiner teils auf „Plattdeutsch“ gehaltenen Ansprache rief er die Gemeinde dazu auf, sich aktiv für den Fortbestand der Kirchgemeinde einzusetzen.
Mit Blick auf die anstehenden Gemeindekirchenratswahlen Ende des Jahres betonte er, wie wichtig es sei, engagierte Menschen für dieses verantwortungsvolle Ehrenamt zu gewinnen. Damit das Gemeindeleben lebendig bleibt, braucht es Menschen, die mit Herz, Verstand, Tatkraft und Glauben bereit sind, mitzugestalten.
Dass die Brüderkirche überhaupt gebaut werden konnte, sei rückblickend ein beachtlicher Kraftakt gewesen: Die Menschen damals hätten mit Mut, Einsatzbereitschaft und unermüdlichem Fleiß – und teils ohne Entlohnung – Großes geleistet, erinnerte Jürgen Schmidt.
Auch der damalige Bürgermeister Robert Walch habe den Bau mit großem persönlichen Engagement unterstützt. „Gerade deshalb habe ich die Initiative ergriffen“, erklärte Jürgen Schmidt.
„Denn wenn sich niemand findet, der Verantwortung übernimmt, bleibt das, was über Generationen aufgebaut wurde, auf der Strecke.“ Und mit einem Appell in der Mundart schloss er: „Also liebe Meimerser – eu liewe Lüüt – kandidiert für unseren Gemeindekirchenrat!“
Den festlichen Abschluss bildete der gemeinsame Gesang der Lieder „Die Kirche steht gegründet“ (EG 264) und „Er ist erstanden, Halleluja“ (EG 116) – musikalisch wie inhaltlich ein kraftvolles Zeichen der Hoffnung und des Zusammenhalts.
Im Anschluss an den Gottesdienst wurde vor der Kirche feierlich auf das Jubiläum angestoßen. Bei einem Glas Sekt oder Orangensaft kamen die Gäste miteinander ins Gespräch, tauschten Erinnerungen aus – und einige nahmen das liebevoll gestaltete Jubiläumsbuch zur Geschichte der Brüderkirche mit nach Hause, das Inge Schmidt bereits zu 60 Jahre Kirchweih verfasst hatte.